NavVis-CRO Finn Boysen erklärt, warum die Fabrikplanung mit stets aktuellen Standortinformaitonen für OEMs in der Automobilbranche oberste Priorität hat.
Die Automobilindustrie macht derzeit einen enormen Wandel durch, vielleicht den größten in seiner über hundertjährigen Geschichte. Da sich die zugrunde liegenden Produktionsstrukturen stark verändert haben, werden Echtzeit-Daten bei der Planung immer wichtiger.
NavVis Chief Revenue Officer Finn Boysen erzählt von einem Beispiel aus der Automobilindustrie: „Ein Kunde mit einer großen Fabrik in Osteuropa wollte dort die Produktion für ein neues Automodell umstellen. Die gesamte Planung wurde jedoch auf der Grundlage falscher Daten erstellt“, erklärte er kürzlich in einer Folge des Podcasts Fabrik der Zunkunft.
„Acht Wochen vor der Einführung wurde festgestellt, dass sich um drei Zentimeter vermessen wurde und somit kein Platz für eine wichtige Maschine vorhanden war. Die Verwendung minderwertiger Daten hat das Unternehmen viel Geld gekostet!“
Ein Einzelfall? Ganz und gar nicht. Beispiele dafür finden sich immer wieder in großen und bekannten Unternehmen aus der ganzen Welt.
Da ständig neue Produkte eingeführt werden, muss in Automobilwerken häufig umstrukturiert werden. Und da ist die Herausforderung oft ganz pragmatisch: In einer bestehenden Fabrik soll eine neue Produktionslinie gebaut werden, allerdings ist nicht ganz klar, was sich alles in der Fabrik befindet. Wo genau befinden sich zum Beispiel die Maschinen, die Säulen oder die Rohre? Außerdem werden im Rahmen von Verbesserungsmaßnahmen laufend Anpassungen vorgenommen, die jedoch nicht immer in den Systemen vermerkt werden. Dies betrifft mittelständische Unternehmen ebenso wie Großunternehmen.
Dann ist da noch die Frage des Reisens: Oft ist es notwendig, Fabriken in Ungarn, China oder anderswo zu besuchen, um die für die Fabrikplanung notwendigen Messungen vor Ort durchzuführen. Seit Beginn der Corona-Pandemie allerdings ist das Reisen um den Globus nicht mehr so einfach und selbstverständlich, teilweise sogar gar nicht mehr möglich. Aber nicht nur Reiseverbote, sondern auch andere Probleme erschweren die Fabrikplanung: Neue Produkte müssen immer schneller und kostengünstiger auf den Markt gebracht werden - bei gleichzeitig steigender Komplexität.
„Schlechte Datenqualität bedeutet oft enorme Mehrkosten und Zeitverluste. Zum Beispiel wenn eine Produktionslinie nicht durch ein Tor laufen kann oder Anschlüsse anders als vorgesehen verlegt sind“, so Boysen.
„Die Unternehmen müssen sich auf die Daten verlassen können, die sie für die Planung nutzen. Dazu ist es absolut notwendig, dass diese immer auf dem neuesten Stand sind und die Realität in den Betrieben widerspiegeln.“
Qualität statt Quantität der Daten
Die Kernkompetenzen von NavVis liegen nicht nur in der Erfassung von qualitativ hochwertigen Daten mit millimetergenauer Genauigkeit, sondern auch darin, diese Daten „intelligent“ und einfach zugänglich zu machen.
NavVis ist seit langem ein Verfechter der digitalen Transformation im Bereich der Fertigung und bietet Unternehmen mit seiner Produktpalette leistungsstarke Lösungen für die Erstellung und den Betrieb maßgeschneiderter digitaler Zwillingslösungen ganzer Produktionsanlagen.
Das Unternehmen mit seinem Hauptsitz in München beschäftigt mittlerweile über 200 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und betreut über 400 Kunden in 40 Ländern. Die mit mobilen Mappingsystemen (wie dem NavVis VLX) gewonnenen Daten können auf vielfältige Weise genutzt werden, z. B. für die Layoutplanung oder die Identifizierung von Prozessoptimierungen. NavVis-Kunden kommen neben der Automobilindustrie vor allem aus der Konsumgüter-, Elektronik- und Prozessindustrie.
In all diesen Bereichen ist es sehr wichtig, dass die Daten in verständlicher Form zur Verfügung gestellt werden, damit die Nutzer und Nutzerinnen problemlos damit arbeiten können. Über NavVis IVION Enterprise können die Daten einfach per Webbrowser aufgerufen werden.
Besonders wichtig: Die Daten müssen nicht nur vollständig, sondern auch konsistent sein. Wenn man mit Technologien wie terrestrischem Laserscanning (TLS) oder BIM arbeitet, muss man für die Aktualisierung der Werksdokumentation mehrere Jahre einplanen, was nicht rentabel ist. Nicht nur wären die Kosten, die über so einen langen Zeitraum anfallen würden, enorm; die Daten wären zudem bereits längst überholt, sodass man den ganzen Prozess wieder von vorne beginnen müsste.
Mit unseren Lösungen kann von einer kompletten Fabrikhalle ein digitaler Zwilling erstellt und die Dokumentation der Fabrik schnell auf den neusten Stand gebracht werden.
Audi setzt bereits auf die Technologie von NavVis
Für die Digitalisierung der Produktionshallen und -gebäude des süddeutschen Automobilherstellers Audi kommt der NavVis M6 zum Einsatz. Die mit dem mobilen Mapper erfassten Punktwolkendaten können problemlos in bestehende Planungssysteme integriert werden. Dadurch können Prozesse nun vollständig am Computer abgebildet, optimiert und simuliert werden.
Nachdem die Daten mit Hilfe von NavVis IVION verarbeitet und bereitgestellt wurden, können alle Beteiligten per PC, Smartphone oder Tablet durch die virtuellen Produktionshallen navigieren. Wichtige Details werden als so genannte Points of Interest (POIs) hervorgehoben. Darüber hinaus können auch bestimmte Bereiche ausgewählt und als separate Punktwolke heruntergeladen werden.
Da jede Maschine in der Anlage als Punktwolke erfasst wird, können diese Daten in digitale CAD-Fabrikmodelle eingebunden werden, so dass die gesamte Halle mit allen Maschinen und Anlagen virtuell überwacht werden kann.
Das spart den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen vor Ort viel Zeit und ermöglicht eine standortunabhängige Produktionsplanung. Die Werksplaner des Automobilherstellers können so auch vom Home-Office aus Messungen in den Produktionshallen durchführen.
Wie man eine digitale Fabrik erstellt
Bei der Datenerfassung haben die Kunden die Wahl, ob sie diese selbst durchführen oder NavVis damit beauftragen wollen. Wenn Sie sich für die zweite Option entscheiden, erledigt NavVis in Zusammenarbeit mit Partnern seines weltweiten Netzwerkes das Scannen vor Ort. Mit den erfassten Daten wird dann ein digitaler Zwilling erstellt und dem Kunden über die firmeneigene Software NavVis IVION zur Verfügung gestellt.
„Wenn es sich um mehrere große Fabriken handelt, kann ein solches Projekt manchmal ein gutes Jahr in Anspruch nehmen. Pro Tag können etwa 10.000 bis 20.000 Quadratmeter erfasst werden, und etwa eine Woche später können wir die Daten zur Verfügung stellen“, erklärt Boysen.
„Es gibt übrigens nicht viele Unternehmen, die einen solchen weltweiten Scanauftrag organisieren können - wir sind eines der ganz wenigen.“
Boysen fährt fort: „Natürlich können die Kunden die Scans auch selbst durchführen. Dafür müssen sie jedoch über ein gewisses Maß an Kompetenz und Erfahrung in diesem Bereich verfügen. Die Investition in eine Lösung von NavVis lohnt sich, wenn der Kunde einen digitalen Zwilling benötigt, der stets auf dem neuesten Stand gehalten werden soll. In einer Fabrik werden ständig Änderungen vorgenommen, das muss nicht einmal etwas so Tiefgreifendes wie ein Umbau sein. Dann ist natürlich ein mobiles Mappinggsystem von NavVis, das von einem Mitarbeiter bedient werden kann, Gold wert.“
Zumal die Anwendungsfälle des Systems über die Fabrikplanung hinaus vielfältig sind: Vor allem die Planung von Um- oder Neubauten sowie die Unterstützung bei der Instandhaltung von Gebäuden sind häufige Anwendungsfälle.
„Bei großen Kunden können wir manchmal 20 oder 30 verschiedene Anwendungen identifizieren. Denn wenn man die Daten erst einmal erfasst hat, sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt und man könnte die Anwendung z. B. auf das Training von Azubis oder die Logistikplanung ausweiten“, erklärt Boysen.
„Aber der Schwerpunkt liegt auf dem ‚globalen Geschäft‘, der Zusammenarbeit mit Fabriken in aller Welt. Dank unserer Technologie können die Nutzer diese jederzeit virtuell besuchen und mit den Menschen vor Ort über diese Daten kommunizieren.“
Zusammenarbeit mit der Volkswagen Industrial Cloud
NavVis spielt auch eine wichtige Rolle in der neuen Volkswagen Industrial Cloud, welche dabei helfen soll, Produktion, Logistik und Supply Chain Management ins digitale Zeitalter zu versetzen.
Die VW Industrial Cloud besteht aus einer offenen Plattform, einer Community und einem (geplanten) Marktplatz für cloudbasierte Lösungen. Zu dieser Community gehören unter anderem Zulieferer, Technologieanbieter, Systemintegratoren und unabhängige Softwareanbieter, welche gemeinsam neue Dienste und Lösungen anbieten und nutzen werden. Dadurch soll ein breites Spektrum von Anwendungsfällen und Geschäftsmöglichkeiten in der Fertigung und Logistik abgedeckt werden.
Alle Parteien werden vom Einsatz der NavVis-Technologie enorm profitieren: Nicht nur werden Arbeitsabläufen einheitlicher und der Austausch von Best Practices einfacher, auch Dienstreisen können auf ein Minimum reduziert oder ganz vermieden werden.
Fazit
Die Technologien und Lösungen von NavVis haben sich in der Automobilindustrie zweifelsohne etabliert. Sie überzeugen vor allem durch die schnelle Umsetzbarkeit und die damit verbundenen Kosteneinsparungen. Und natürlich auch durch die Aktualität und schnelle Verfügbarkeit der Daten über NavVis IVION Enterprise: Dass alle Nutzer die Daten aufrufen und ansehen können, ist ein großer Pluspunkt.
Darüber hinaus bietet die neu erschienene App NavVis IVION Go großes Potenzial für die Zukunft: Planungsprozesse werden frühzeitig interaktiv unterstützt und die Flexibilität für spezielle Anwendungsfälle in der Fabrik erhöht. Da sich die Technolgie natürlich mit der Zeit verbessert, werden sich auch in Zukunft weitere Anwendungsbereiche ergeben.
„Wir sehen den Nutzen unserer Technologie heute und morgen darin, bestehende Prozesse digitaler, nachhaltiger und präziser zu machen. Außerdem können durch Kosteneinsparungen und eine schnellere Umstellung der Produktionslinien Probleme schneller gelöst und so die Produktivität der Fabrik gesteigert werden“, fasst Boysen zusammen.
„Wir wollen unsere Technologie möglichst menschennah gestalten, so dass unsere Nutzer gerne mit Lösungen von NavVis arbeiten - das ist unser Ziel.“
Das gesamte Interview mit dem Chief Revenue Officer von NavVis, Finn Boysen, können Sie im Fabrik der Zukunft Podcast mit Moderator Tobias Herwig nachhören.