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Sean Higgins8.12.20228 min read

Software & die Laserscanning-Branche: Ein Interview mit dem NavVis-CTO

NavVis-CTO Georg Schroth über die „Software-frisst-Hardware“-Revolution in der Laserscanning- und AEC-Branche und die Zukunft von NavVis.

Vor kurzem hatte ich die Gelegenheit, mit einem der Mitgründer und CTO von NavVis, Georg Schroth, zu ins Gespräch zu kommen. Wir unterhielten uns über Software vs. Hardware, die Entwicklung der Laserscanning-Branche und einige seiner Pläne und Ideen für NavVis für das Jahr 2023. Los geht‘s!

 

Frage: Es scheint, als würden wir uns meist eher auf Hardware-Entwicklungen in der Branche konzentrieren, wie z. B. den neuesten Laserscanner oder das neueste Hardware-Upgrade. NavVis vertritt jedoch die Ansicht, dass der Software-Aspekt für die Zukunft des 3D-Mappings mindestens genauso wichtig ist. Nun ergibt sich natürlich die Frage: Warum?

Natürlich wird auf Hardware-Seite immer noch weiter nachgebessert, allerdings sehen wir so langsam, dass sich diesbezüglich ein Abflachen der Verbesserungskurve abzeichnet, wenn man so will. Heute werden auch nicht mehr allzu viele neue terrestrische Laserscanner vorgestellt. Und wenn ein neuer Scanner auf den Markt kommt, kann man in Hinblick auf die Hardware keine Quantensprünge mehr erwarten.

Die meisten Entwicklungen im Bereich des Laserscannings, auch bei terrestrischen Laserscannern, liegen heutzutage eher im Bereich Software. Sie sind darauf ausgerichtet, Arbeitsabläufe zu vereinfachen, ein schnelleres Scannen zu ermöglichen und dabei zu helfen, dem Kunden einen größeren Mehrwert zu bieten.

Und das gilt erst recht beim Thema mobiles Mapping. Bei NavVis verwenden wir eher Standardhardware - der Clou dabei liegt in der Software, welche die von den Mehrstrahl-Scannern erzeugten Daten verarbeitet. Und hier gibt es noch jede Menge Potenzial, das es auszuschöpfen gilt.

Es gibt noch viel zu optimieren und weiterzuentwickeln. Wir können mit diesen speziellen Scannern viel mehr Details erzeugen und auch mehr Informationen extrahieren. So erhalten wir eine noch bessere und vollständigere Darstellung der Realität.

Letztlich ist es natürlich wie in jeder anderen Branche auch: Software frisst Hardware. Wenn man also investieren möchte, sollte man insbesondere darauf achten, dass man Produkte eines Unternehmens wählt, das stark in Software investiert.

Frage: NavVis bietet seinen Kunden bereits kostenlose, regelmäßige Upgrades an; sogar solche, welche die vor Jahren gekaufte Hardware verbessern. Wie wird es dieszbezüglich 2023 weitergehen?

By further enabling service providers to capture the continuous building lifecycle - better, faster, and more often.

Wir werden es Dienstleistern weiterhin ermöglichen, den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden besser, schneller und häufiger zu erfassen. Heute wird ein Gebäude einmal gescannt und die Grundrisse und Punktwolken dann an den Kunden weitergegeben. Der Grund dafür ist, dass der Kunde möchte, dass die Arbeit so schnell wie möglich erledigt wird, schließlich ist das auch nicht billig. Also scannt man nur einmal.

Das Problem dabei? Wenn sich etwas im Gebäude geändert hat, wird das ohne erneutes Scannen nicht in den Daten widergespiegelt. Und idealerweise möchte man, dass diese neuen Informationen kontinuierlich gesammelt werden. Schließlich will man sich auf diese Daten verlassen können.

Eine Baustelle würde beispielsweise von effizienten Rescans enorm profitieren. Nehmen wir mal an, bestimmte Handwerker haben bereits die HLK-Anlage oder einige MEP-Anlagen installiert. Und das bekommen sie dokumentiert. Wenn das Gebäude fertig ist, können sie mit Hilfe der Daten durch die Wände und Dächer „hindurchschauen“ und sehen, was in den verborgenen Bereichen des Gebäudes vor sich geht.

Kunden wollen diese Daten, lassen sie normalerweise jedoch nicht erfassen, da ihnen das zu teuer ist.

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Frage: Wie will NavVis dieses Problem mit Software lösen?

Sagen wir mal, man hat bereits Scans für den zweiten oder dritten Stock. Dann geht man mit dem NavVis VLX noch einmal durch und scannt die Kontrollpunkte, die man bereits beim ersten Mal schon erfasst hat. Man scannt jedoch nur die Bereiche, die sich verändert haben oder wichtige Veränderungen aufweisen, die dokumentiert werden sollen.Der Workflow, den wir entwickeln, macht dies möglich.

Es erleichtert die kontinuierliche Erfassung, da man alles innerhalb des Gebäudes scannen kann, was bereits gescannt wurde. Wenn ein Bereich erneut gescannt wird, werden die Daten anschließend mit dem bereits vorhandenen Scan zusammengeführt. Unklarheiten oder sich überschneidende Datensätze - z. B. Scans, die an zwei verschiedenen Tagen erfasst wurden - gibt es nicht. Es wird so aussehen, als ob man an einem Tag gescannt hätte.

Das senkt die Kosten für das Scannen erheblich, weil man nur das noch einmal erfassen muss, was sich geändert hat, und nicht das ganze Gebäude noch einmal.

Das ist also der eine Teil. Eine weitere Funktion ist das Blurrig, also das Unscharfmachen von Menschen oder sensiblen Daten. Vor allem, wenn man im Freien scannt, nimmt man unweigerlich auch Menschen auf, die sich in der Nähe bewegen. Und das will man natürlich nicht, mal davon abgesehen, dass man solche Daten ohnehin nicht verwenden darf, wenn man sie nicht in einem gewissen Maße unkenntlich macht. Das war relativ mühsam, deshalb arbeiten wir daran, dies in unsere Nachbearbeitung zu integrieren.

 

Frage: Was ist die langfristige Vision für die Reality Capture Lösung von NavVis? Sagen wir mal, in fünf Jahren? Womit kann man da rechnen?

Unsere Vorstellung ist, die NavVis Reality Capture Solution mit Hilfe von Software erschwinglich und allgemein verfügbar zu machen.

Nehmen wir mal Handykameras als Beispiel. Diese sind meist softwaredefiniert. Und jetzt gibt es eine Fülle von Möglichkeiten, die sich aus dieser demokratisierten Hardware ergeben. Jeder und jede kann sie nutzen, um die Realität um sich herum mit Bildern zu dokumentieren und diese Dokumentation schnell und einfach auszutauschen.

Das ist es, was wir mit 3D-Erfassung wirklich erreichen möchten. Jeder und jeder soll die Realität in ihrer dritten Dimension erfassen können - dank Software. Und das ist offensichtlich eine sehr, sehr große Aufgabe, die wir uns da gestellt haben. Selbst wenn man bedenkt, dass wir uns hauptsächlich auf professionelle Dienstleistungen konzentrieren.

Aber das ist der richtige Bereich, um sich darauf zu fokussieren, denn die Menschen, die in ihrem Beruf die gebaute Welt planen, sind diejenigen, die unsere Zukunft gestalten. Dazu muss man verstehen, wie die Realität heute aussieht.

Das ist heute in Berufen wie Baumanagement nicht immer möglich. Jedes Mal, wenn man eine Kamera benutzt, wünscht man sich, dass man auch die dritte Dimension einfangen könnte. Und genau dort würde ich unseren NavVis VLX gerne positionieren. Ich möchte, dass es so erschwinglich ist, dass die Leute nicht einmal darüber nachdenken, ob sie eine Kamera oder einen Laserscanner benutzen, sondern ein Gerät zur Erfassung der Realität, das beides kann.

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Frage: Dass Software zu unglaublichen Leistungen fähig ist, z. B. zur Reduzierung der Hardwarekosten und zur Vereinfachung des Einstiegs in das 3D-Scannen, steht ja außer Frage. Aber gibt es auch Risiken, die wir berücksichtigen sollten, wenn das Laserscanning erschwinglicher wird?

Ich bin in der Tat besorgt über Anbieter, die einen niedrigen Preis anbieten, der nur durch niedrige Hardwarekosten erreicht werden kann, und die sehr wenig in die Verarbeitungssoftware investieren. Das Ergebnis ist Hardware, die unzuverlässige Daten produziert, aber ähnlich aussieht wie Systeme, die Datenqualität auf einem ganz anderen Niveau produzieren.

Ein Beispiel sind Stativscanner, die eine Genauigkeit von etwa zwei Zentimetern bieten und weniger als 10 000 Euro kosten.

Die Mehrheit der Fachleute für Laserscanning steht solchen Produkten sehr skeptisch gegenüber. Was genau ist das Problem hier? Dass Laserscanning-Profis in Zukunft mit unprofessionellen Anbietern konkurrieren werden müssen. „Unprofessionell“ in dem Sinne, dass sie gerade erst einen kleinen, preiswerten Scanner gekauft haben und sich schon als professioneller Laserscanningdienstleister fühlen. Und so werden sie auch für sich werben.

Dadurch wird es für Architektinnen oder andere, die auf diese Daten angewiesen sind, sehr schwierig zu wissen, Anbieter herauszupicken, die die notwendige Qualität liefern können.

Eine Möglichkeit, dem als Laserscanning-Profi entgegenzuwirken, besteht darin, aufzuklären. Aber auch das hat seine Grenzen, denn wir haben nur eine begrenzte Zeit, um zu kommunizieren. Die andere Möglichkeit besteht darin, Daten in hoher Qualität, hoher Geschwindigkeit und zu niedrigen Kosten anzubieten - was möglich ist, wenn man über die richtigen Fähigkeiten verfügen und die richtigen Investitionen (in mobile Mappingtechnologien) tätigt.

Eine andere Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, besteht darin, den Kunden mehr als nur Grundrisse und Punktwolkendateien zur Verfügung zu stellen. Wenn wir von einer Baustelle sprechen, sollte man bedenken, dass Architektur- und Baufirmen gar nicht wissen, dass Sie ihnen über Ihre Vermessungsdienstleistungen hinaus auch dabei helfen können, ungeplante Veränderungen zu erkennen. Als erfahrener Anbieter von Laserscanningdienstleistungen mit Kenntnissen über die spezifische Arbeit und die Bedürfnisse Ihrer Kunden können Sie diese über diese Dienstleistung informieren und sie dann anbieten. Das ist etwas, wogegen „unprofessionelle“ Anbieter nicht ankommen können.

Und wenn man sich nicht sicher sind, wie genau man das anstellen soll, helfen unsere Customer Success Manger mit ihrem Fachwissen immer gerne weiter.

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Frage: Eine letzte Frage: Viele Unternehmen gehen heutzutage dazu über, ihre Software im Abonnement oder als Software as a Service (SaaS) anzubieten. Zieht auch NavVis dieses Modell in Betracht?

Ja. In der Vergangenheit haben wir gesehen, dass Laserscanning immer mit großen Vorabinvestitionen verbunden war. Und das bedeutete, dass man sich wirklich sicher sein musste, dass sich die Investition auch in Zukunft rentieren würde. Aber noch nie war es so schwierig, die Zukunft vorherzusagen wie heute.

Seit der Corona-Pandemie ist die wirtschaftliche Lage eher unsicher. Und in solchen Zeiten möchten manche Menschen lieber eher keine solchen finanziellen Verpflichtungen eingehen. Sie fühlen sich vielleicht nicht mehr so sicher wie früher.

Das passt jedoch nicht zu der traditionellen Art und Weise, wie Software verkauft wird. In der Vergangenheit konnte man eine CD oder einen Download von Microsoft Office für 5.000 € im Voraus erwerben. Diese Software hat man dann eine Weile genutzt, manchmal mehrere Jahre lang ohne Updates, bis sie nicht mehr kompatibel war.

Heute gibt es da neue Ansätze. Dabei zahlt man monatlich oder jährlich eine bestimmte Summe und bekommt dafür immer den aktuellsten Service. Man muss nichts installieren oder sich um die Wartung kümmern, und so weiter und so fort. Der große Vorteil ist, dass man jederzeit kündigen kann, wenn man das Gefühl hat, dass man nicht mehr den Wert bekommt, den man sich erhofft hat.

Dieses SaaS-Modell wird über kurz oder lang in jeder Branche Einzug halten, auch im AEC-Bereich und der Laserscanning-Branche. Und das ist etwas, in das wir auch selbst investieren wollen, weil wir glauben, dass es die Zukunft ist.

Wir glauben also, dass dies in Zukunft weniger Vorlaufkosten für unsere Kunden bedeuten wird. Für uns ist das in Ordnung. Das funktioniert bei uns, da wir nicht die komplexe, teure Hardware haben, die andere haben. Unsere Investitionen und Gelder fließen vielmehr in die Softwareentwicklung.

 

Fazit

Sie möchten gerne mehr über die NavVis Reality Capture Solution erfahren und wie Ihr Unternehmen von mobilen Mappingtechnologien profitieren kann? Unsere Expertinnen und Experten stehen Ihnen immer gerne für Fragen oder eine individuelle Beratung zur Verfügung. Abonieren Sie auch unseren monatlichen Newsletter, um stets auf dem Laufenden zu bleiben.

Sean Higgins ist selbstständiger Technikjournalist, ehemaliger Redakteur einer Fachzeitschrift und Naturliebhaber. Er ist der Meinung, dass 3D-Technologien klar und verständlich erklärt und besprochen werden sollten.

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