Was sind eigentlich digitale Fabriken, und wie hängen sie mit digitalen Zwillingen zusammen? Die Antwort erfahren Sie hier.
Von der Digitalisierung in der Fertigungsbranche - insbesondere in Form von digitalen Fabriken - verspricht man sich, schneller auf neue Herausforderungen und Engpässe in der Produktion reagieren und das eigene Fertigungsnetzwerk robuster und zukunftstauglicher umbauen zu können.
Aber was genau versteht man eigentlich unter dem Begriff „digitale Fabrik“? Laut der Norm 4499 des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) handelt es sich dabei um einen Oberbegriff für ein umfassendes Netzwerk digitaler Modelle, Methoden und Werkzeuge - einschließlich Simulation und 3D-Visualisierung -, die in ein durchgängiges Datenmanagementsystem integriert sind. Ziel einer digitalen Fabrik ist es, eine ganzheitliche Planung, Bewertung und kontinuierliche Verbesserung aller wesentlichen Strukturen, Prozesse und Ressourcen einer realen Fabrik zu ermöglichen.
Für eine voll funktionsfähige digitale Fabrik benötigt man - wie auch in einer normalen Fabrik - Betriebs- und Standortsmanager, Ingenieurteams und Bedienungspersonal. Ihre täglichen Aufgaben werden jedoch über eine einzige Datenumgebung abgewickelt, die auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten ist.
Wie bereits in der Definition des VDI angeführt, spielen die Themen Simulation und 3D-Visualisierung ebenfalls eine wichtige Rolle. Denn nicht zuletzt sind auch digitale Zwillingstechnologien dafür verantwortlich, dass in diesem Bereich in den letzten Jahre enorme Fortschritte verzeichnet werden konnten. So konnte man in der Fertigungsindustrie eine Trendwende beobachten; weg von statischen CAD-Modellen und 2D-Grundrissen hin zu vollständig interaktiven 3D-Modellen, die mit zusätzlichen Informationen angereichert werden können.
Gartner Research definiert in seinem „Hype Cycle for IT Evolution in Manufacturing 2019“ den Begriff digitaler Zwilling wie folgt:
„Ein digitaler Zwilling ist eine virtuelle Repräsentation einer Einheit, z. B. eines Wertobjektes, einer Person oder eines Prozesses, und wird entwickelt, um neue oder verbesserte Geschäftsziele zu unterstützen. [...] Erforderliche Elemente, um die Geschäftsziele zu erreichen, sind Modellierungen, Daten, eine eindeutige Zuordenbarkeit und Überwachbarkeit, optionale Elemente sind Analytik, Steuerung und Simulation.“
Das Hauptmerkmal des digitalen Zwillings ist die symbiotische Beziehung zwischen den realen und den virtuellen Objekten, wobei der Datenaustausch in beide Richtungen und automatisch erfolgt. In einem idealen digitalen Zwilling werden alle Änderungen am physischen Gebäude automatisch auf den digitalen Zwilling übertragen und umgekehrt. Solche Möglichkeiten und Technologien sind als Teil eines kontinuierlichen Datenmanagementsystems von enormem Wert.
Häufig spricht man im Kontext digitaler Zwillinge auch von digitalen Kopien bzw. digitalen Schatten, völlige Synonyme sind diese jedoch nicht. Eine digitale Kopie ist - wie auch ein digitaler Zwilling - ein Abbild eines bestehenden Objekts in digitaler Form. Der entscheidende Unterschied besteht jedoch darin, dass eine Änderung des Zustands des realen Objekts nicht auf die digitale Kopie übertragen wird (und umgekehrt). Ein digitaler Schatten hingegen ist ein einseitiger automatisierter Datenaustausch, bei dem eine Veränderung des realen Objekts sich in einer Veränderung des virtuellen Objekts niederschlägt - andersherum funktioniert dies jedoch nicht.
Unterteilung in drei Kategorien
Bei einer so vergleichsweise dynamischen und neuen Technologie ist es sinnvoll, sich noch weitere Definitionen anzusehen. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC definiert in seinem Bericht „Digital Factories 2020“ nicht nur eine, sondern gleich drei verschiedene Arten von digitalen Zwillingen für industrielle Anwendungen.
Die drei Kategorien lauten wie folgt:
- Digitaler Zwilling eines Produkts: Bei diesem Typ handelt es sich um eine digitale Darstellung des Produkts, welcher die Entwicklung und das Produktlebenszyklusmanagement (PLM) mit dem Fabrikbetrieb verbindet. Dieser digitale Zwilling wird im Zuge des F&E-Prozesses erstellt und trägt dazu bei, die Produktentwicklung durch Simulation und Tests des Produktes in frühen Entwicklungsstadien voranzutreiben.
- Digitaler Zwilling von Produktionsmitteln: Ein solcher digitaler Zwilling wird für den Entwurf, die virtuelle Inbetriebnahme und den laufenden Betrieb einer oder mehrerer Produktionsanlagen verwendet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Simulation des Betriebs einer Anlage, um deren Schlüsselparameter einzustellen und zu optimieren und eine vorausschauende Wartung oder AR-Anwendungen zu unterstützen.
- Digitaler Zwilling einer Fabrik: Ein digitaler Zwilling einer Fabrik hilft bei der Planung, dem Entwurf und der Errichtung des Fabrikgebäudes und der notwendigen Infrastruktur und kann zusätzlich zur Unterstützung von Tests, Simulationen und Inbetriebnahme des Gebäudes verwendet werden.
Unser Fokus, insbesondere in Bezug auf unsere NavVis Digital Factory Solution, liegt dabei auf den letzten beiden Unterdefinitionen, also auf den digitalen Zwillingen für Produktionsmittel und der Fertigungsanlage selbst.
Ein digitaler Fabrikzwilling muss sich übrigens auch nicht auf ein einziges Modell beschränken: Gerade für große Fertigungsunternehmen, die Produktionsstätten in aller Welt betreiben, ist eine virtuelle Darstellung sämtlicher Standorte inkl. aller Betriebsdaten enorm wertvoll. Über eigens eingerichtete Dashboards lassen sich auf diese Weise relevante Daten in Echtzeit visualisieren, um so beispielsweise verschiedene Standorte zu vergleichen und Best Practices zu identifizieren, die standortübergreifend implementiert werden können.
Wer also erfolgreich eine digitale Fabrik aufbauen möchte, kommt an digitalen Zwillingen nicht vorbei.
Sie möchten gerne mehr erfahren? Dann können Sie hier unseren Digital Factory Guide herunterladen, in dem Sie weitere Informationen über die Implementierung, den Einsatz und die Vorteile der digitalen Zwillingstechnologie in der globalen Fertigung finden.